Produktivität braucht auch ruhige Zurückgezogenheit – Auf dreitägiger Klausurtagung legten Führungskräfte nächste Schritte der ungarndeutschen Szene fest

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Die Zeiten, als man Museen nur persönlich besuchen konnte, seien zu Ende, heutzutage sei es immer gängiger, diverse Sammlungen im Internet zu besichtigen – die LdU lud Museumsexperten Frigyes Tikovits mit seinem Vortrag über das Projekt „Museum digital“ zur Klausurtagung ein, weil man bestrebt ist, immer mehr Sammlungen ungarndeutscher Heimatmuseum digital zu erfassen und ins Netz zu stellen, damit sie vielseitig – zum Beispiel auch im Volkskundeunterricht – genutzt werden können.

Über Einzelheiten der Antragsstellung der Anerkennungsleistung der Bundesrepublik Deutschland für ehemalige deutsche Zwangsarbeiter unterrichtete die Teilnehmer der Tagung Dr. Hajnalka Gutai. Die Leiterin der Geschäftsstelle der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen informierte detailliert über das Antragsverfahren und über die diesbezügliche permanente Abstimmung der LdU mit dem Bundesverwaltungsamt, damit möglichst alle Betroffenen die finanzielle Anerkennung in Höhe von 2500 Euro erhalten. Für jegliche Fragen ständen die Leiter der Regionalbüros der Landesselbstverwaltung zur Verfügung.

Die dreitägige, bereits zur Tradition gewordene Herbstveranstaltung der LdU beinhaltete auch diesmal die letzte Vollversammlungssitzung im Jahr. Das höchste Gremium der Landesselbstverwaltung beschloss den Haushalt für das Jahr 2017. Dabei plant man u. a. mit vier größeren Investitionen an eigenen Immobilien: renoviert werden soll das Deutsche Haus in Wesprim, fortgesetzt werden soll die Sanierung des Jugendlagers „Iglauer Park“ in Waschludt, erneuert und erweitert wird nach Plan ein Flügel des Valeria-Koch-Bildungszentrums, und auch am Kellergeschoss des Schülerheims des Deutschen Nationalitätengymnasiums in Budapest sollen dieses und nächstes Jahr bereits fällige Sanierungsarbeiten vollzogen werden.

Im Bereich der Kultur gibt es einige bemerkenswerte Pläne: Auf Initiative von Parlamentssprecher Emmerich Ritter gab die Vollversammlung ihre prinzipielle Zustimmung zur Errichtung einer ständigen Landesausstellung für die kirchlichen Wallfahrten und Weihestätten der in Ungarn lebenden Nationalitäten, sowie der in Mittel-Osteuropa lebenden Minderheiten. Die Ausstellung soll in Budajenő, in einem restaurierten alten Getreidespeicher errichtet werden. Unterstützt wurde auch, dass eine ständige Landesausstellung der Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen in Wudersch errichtet werden soll. „Bei Gelingen des Vorhabens sollte sich die LdU – aufgrund ihrer moralischen Pflicht gegenüber den Opfern und aufgrund ihrer Verantwortung gegenüber den nachkommenden Generationen – an der Trägerschaft der historischen Ausstellung beteiligen“, meinte Otto Heinek.

Bei der Klausurtagung wurden auch letzte Maßnahmen in Bezug auf die nächste Neujahrsgala der LdU geklärt. In einer geschlossenen Sitzung stimmten die Vollversammlungsmitglieder darüber ab, wer als nächste mit der Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum bedacht werden sollen. Zur Übergabe der höchsten Auszeichnung der Landesselbstverwaltung kommt es am 8. Januar 2017 im Kongresszentrum zu Budapest.

Die Vollversammlung entschied auch über wichtige Angelegenheiten im Bildungsbereich. So genehmigte sie im von der LdU getragenen Fünfkirchner Bildungszentrum ab dem nächsten Schuljahr eine zusätzliche sprachliche Vorbereitungsklasse für Neuntklässler, damit Schüler aus sprachunterrichtenden Grundschulen am deutschsprachigen Fachunterricht erfolgreich teilnehmen können. Die Vollversammlung gab auch für die Erweiterung der Palette der von deutschen Nationalitätenselbstverwaltungen getragenen Bildungseinrichtungen grünes Licht: ab dem nächsten Schuljahr kann die Antal-Grassalkovich-Grundschule in die Trägerschaft der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung von Schorokschar kommen.

Die Übernahme der Trägerschaft von örtlichen Bildungseinrichtungen durch Nationalitätenselbstverwaltungen war übrigens ein Schlüsselthema der Klausurtagung. Bildungsreferentin Ibolya Sax fasste die Erfahrungen bezüglich der Trägerschaftsübernahmen zusammen. Jurist Dr. Attila Buzál summierte und erklärte die aktuellen Änderungen der damit zusammenhängenden Rechtsvorschriften. Das Interesse der Nationalitätenselbstverwaltungen, Bildungseinrichtungen zu tragen wächst.: derzeit stehen 21 Grundschulen und 22 Kindergärten landesweit in der Trägerschaft der jeweiligen örtlichen deutschen Selbstverwaltung, und auch 2016 interessieren sich zahlreiche ungarndeutsche Nationalitätenselbstverwaltungen für die Möglichkeiten und Vorteile der Übernahme ab dem kommenden Schuljahr.

Die Teilnehmer der Klausurtagung besuchten am Samstagnachmittag die Gemeinde Wemend, um sich vor Ort über die gemeinschaftsstärkenden Aktivitäten und über die traditionspflegende Arbeit der Dorfgemeinschaft zu informieren. LdU-Vorsitzender Otto Heinek begrüßte im Namen der Vollversammlung die ihr 30-jähriges Jubiläum feiernde Wemender Blaskapelle, vor deren Festkonzert auch der im Rahmen des BMI-Projektes „Essen auf Rädern“ gewonnene Kleinbus übergeben wurde.

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