Umfassende politische Informationen, Erstellung neuer Spracherwerbsmodelle, eines Online-Programmkalenders und einer Volksliedersammlung sowie Podcast-Serie geplant

Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen beriet sich bei dreitägiger Klausurtagung

Nach einer längeren, Corona-bedingten Pause freuten sich alle auf die Fortsetzung einer langjährigen Tradition, die am Wochenende vom 11. bis 13. November endlich Gestalt annahm: Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen hielt erneut ein Drei-Tage-Treffen ab. An der Veranstaltung nahmen wie immer Mitglieder der LdU-Vollversammlung, Mitarbeiter der Geschäftsstelle und der Regionalbüros, Leiter der Komitatsverbände und andere eingeladene Fachleute teil. Wie üblich wurden die Arbeiten, die der Vorbereitung der für das kommende Jahr geplanten Projekte im Einklang mit der Strategie der LdU dienten, durch eine thematische Exkursion ergänzt. Die Klausurtagung findet jedes Jahr an einem anderen Ort statt, dieses Jahr im von der Landesselbstverwaltung getragenen Valeria-Koch-Schulzentrum in Fünfkirchen.

Die Veranstaltung begann am Martinstag, daher besuchten die Gäste zur Einstimmung den Hauptplatz von Fünfkirchen, wo mehr als 600 Kinder aus den ungarndeutschen Bildungseinrichtungen der Stadt einen spektakulären musikalischen Martinsumzug präsentierten. Anschließend begrüßte Ibolya Hock-Englender die Teilnehmenden der Klausurtagung. Die LdU-Vorsitzende unterstrich, dass das Wochenende einem doppelten Zweck diene: Neben der Arbeit in Arbeitsgruppen, die die LdU-Strategie mit Inhalt füllen sollten, sei es wichtig, dass sich die Teilnehmenden in angenehmer Atmosphäre endlich wieder treffen und miteinander austauschen können.

Am Samstagvormittag trat die Vollversammlung zusammen. Diesmal diskutierte das wichtigste Entscheidungsgremium der Ungarndeutschen vor allem technische Fragen und stimmte nach der vierten Änderung des diesjährigen Budgets über den Tätigkeitsbericht des vergangenen Jahres für die Vollversammlung, die Ausschüsse, die Geschäftsstelle, die Regionalbüros und Institutionen der Landesselbstverwaltung ab. Aus dem umfangreichen Dokument ging hervor, dass nicht nur Personalentscheidungen und Bauinvestitionen, sondern auch die Vertretung minderheitenpolitischer Interessen im In- und Ausland im Mittelpunkt der vielschichtigen und intensiven Aktivitäten standen, und darüber hinaus auch wegweisende bildungs- und kulturpolitische Maßnahmen durchgeführt wurden. Die Reihe der Berichte wurde mit dem der Vorsitzenden und ihrer Stellvertreterin Olivia Schubert fortgesetzt, gefolgt von der Mitteilung von Emmerich Ritter, dem Parlamentsabgeordneten der deutschen Nationalität. Die beiden Beiträge stellten die seit der letzten Sitzung der Vollversammlung erreichten Meilensteine vor. Wie erstere Berichterstattung zeigte, waren die vergangenen Monate mit Ereignissen im Bereich der internationalen Beziehungen sehr ausgefüllt gewesen, während Emmerich Ritter die Ungarndeutschen fast täglich an verschiedenen Orten im Lande vertreten gehabt habe.

In der zweiten Tageshälfte am Samstag fuhr die Gruppe nach Gereschlak. Das etwa 30 Kilometer von Fünfkirchen entfernt liegende, etwa 700 Einwohner zählenden Ort wurde ausgewählt, weil dort immer wieder herausragende ungarndeutsche Initiativen stattfinden. Unter der Führung von Mitgliedern der Familie Schulteisz konnten die Gäste ein reichhaltiges Trachtenpuppenmuseum besichtigen, eine Lebkuchenausstellung besuchen und Hefeknödel – eine „schwäbische“ Delikatesse, die mittlerweile fast schon zum Synonym für das Dorf geworden ist – anfertigen, während die andere Hälfte der Gruppe zu den restaurierten Wegkreuzen im Dorf und am Ortsrand wanderte. Der informelle Abend mit Gesang und Tanz endete mit einem gemeinsamen Abendessen.

Kurz nach der Halbzeit des Wahlzyklus beschloss die Leitung der LdU, alle seit November 2019 erzielten wichtigen Ergebnisse zu wirtschaftlichen, personellen, rechtlichen, projektbezogenen, strategischen, tagungs-, immobilien- und eigentumsbezogenen Themen, sowie zu den neu geschaffenen Institutionen, der Kommunikation, den Großveranstaltungen, den Wahlen, der Volkszählung, der Zusammenarbeit mit Partnern und zu den Bauprojekte, in einer eindrucksvollen Präsentation für die Teilnehmenden am Sonntag zusammenzufassen. Die Präsentation von Olivia Schubert wird in Kürze auf der Website der Landesselbstverwaltung abrufbar sein.

Das Wochenendprogramm endete mit Kurzreferaten über die Pläne der Strategie-Arbeitsgruppen. Wie sich abzeichnete, wird sich die Arbeitsgruppe Politik im nächsten Jahr vor allem darum bemühen, dass Parlamentsabgeordneter Ritter und Mitglieder der LdU-Vollversammlung die verschiedenen Regionen und Komitate durch regelmäßige Komitatsveranstaltungen – auch im Vorfeld der Wahlen – über die sie betreffenden Themen informieren, um das Bewusstsein zu steigern. Im Bildungsbereich plädieren die Experten für die Entwicklung und Einführung neuer Spracherwerbsmodelle für ungarndeutsche Kindergärten, die Förderung des Gebrauchs der deutschen Sprache in den Schulen und die verstärkte und konsequente Darstellung des ungarndeutschen Charakters der jeweiligen Bildungseinrichtung, sowie die Erstellung eines Empfehlungskatalogs für den Gebrauch der deutschen Sprache im schulischen und außerschulischen Bereich, welcher Institutionen, Selbstverwaltungen und Zivilorganisationen zugänglich sein soll. 

Zwei neue Projekte werden im Rahmen der Kulturstrategie entwickelt: ein Gesangs- und Musikwettbewerb für ungarndeutsche Schülerinnen und Schüler sowie eine Publikation für Bildungseinrichtungen der deutschen Nationalität mit authentischen Volksliedern für bestimmte Altersgruppen. Die Jugend-AG arbeite an einem zweisprachigen ungarndeutschen Online-Programmkalender, in dem schon bald man nach Ortschaften, Komitaten und thematischen Kategorien suchen kann, sowie an einer Initiative zur Einbindung junger Menschen in die Arbeit der örtlichen deutschen Selbstverwaltungen. Das Kommunikationsteam stellte ebenfalls drei Projektideen vor: eine landesweite Kommunikationskampagne unter Einbeziehung lokaler Institutionen und Organisationen sowie von Wissenschaftlern anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Ansiedlung der Deutschen in Ungarn; eine Reihe von Imagefilmen zu zentralen Bereichen des ungarndeutschen öffentlichen Lebens sowie eine Podcast-Reihe, die die Möglichkeit bietet, Themen und deren Hintergründe ausführlich zu diskutieren.

Die Klausurtagung wurde vom Bundesministerium des Innern und für Heimat gefördert.

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