Werte in Stein gemeisselt

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Ungarndeutscher Lehrpfad in Bogdan übergeben

Bogdan, ein charmantes Dorf im Donauknie, ist stolzer Besitzer des neuesten ungarndeutschen Lehrpfades. Der Themenweg wurde von einem Team aus überwiegend Ortsansässigen erstellt, die Arbeit wurde von der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung Bogdan koordiniert und geleitet. Das ansehnliche Ergebnis des vom Bundesministerium des Innern und für Heimat durch die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) geförderten Projekts wurde am 20. März in einer Feierstunde der Öffentlichkeit vorgestellt. Zwölf derartige Themenpfade sind nun im ganzen Land für die Öffentlichkeit zugänglich: Elf davon erzählen von der Kultur, Geschichte und Gegenwart der in den jeweiligen Ortschaften lebenden Deutschen, während einer – der in Baja – einen Überblick über die Werte der deutschen Volksgruppe in Ungarn insgesamt gibt. Die nur wenige hundert Meter langen Lehrpfade erfreuen sich großer Beliebtheit, weshalb immer mehr Gemeinden sich dazu bereit erklären, durch die ehrenamtliche Arbeit lokaler deutscher Organisationen und Einzelpersonen die Werte der Deutschen vor Ort zu erforschen und sie der Öffentlichkeit auf Tafeln, in Broschüren und durch interaktive Installationen zu präsentieren.

Bogdan mit seinen rund dreitausend Einwohnern ist bekannt für seine schöne Lage, seine gepflegten Straßen und seine aktive deutsche Gemeinschaft, aber der Name des Dorfes ist auch seit Generationen mit dem Steinbruch und der Steinbearbeitung verbunden. Die deutsche Bevölkerung ist seit Jahrhunderten von großer Bedeutung, und ihr Leben ist geprägt von ihrem religiösen Glauben, von Schicksalsschlägen, von der Lage ihres Dorfes an der Donau, aber auch von der Tradition des Wein- und Obstanbaus, sowie der nicht ganz alltäglichen Musikkultur. Der Pfad bietet eine Fülle von faszinierenden Einblicken in all dies. Die acht Stationen mit zweisprachigen Tafeln und einem reich bebilderten Begleitheft sind ein interessanter Wegweiser.

Die erste offizielle Führung fand im Rahmen der mit deutschen Liedern, Musik und Tänzen untermalten Einweihungsfeier des Lehrpfades statt. Zu Beginn der Zeremonie begrüßte Norbert Vogel, der Vorsitzende der örtlichen deutschen Selbstverwaltung und Hauptverantwortliche des Projekts, die Gäste. In den letzten zwei Wochen, der spektakulärsten Phase des Projekts, als die Schilder des thematischen Weges unter dem Motto „von Bogdanern, nicht nur für Bogdaner“, mit dem Hauptmotiv „Stein“ aufgestellt wurden, habe er viele Fragen bekommen, was zustande komme: „Mehr als 100 Personen waren auf die eine oder andere Weise an der erfolgreichen Umsetzung des Projekts beteiligt, aber es scheint, als hätten wir es trotzdem geschafft, sie zu überraschen. Meiner Erfahrung nach verstehen die meisten Menschen unter dem Begriff ‚Lehrpfad‘ einen thematischen Weg in einem Wald, der meist mit der Natur zu tun hat. Obwohl es an sich schon eine Leistung ist, dass es uns gelungen ist, dieses Bild etwas zu nuancieren, besteht unser Hauptziel darin, die lokale ungarndeutsche Identität zu stärken. Ich hoffe, dass es uns gelungen ist, Elemente zu finden, auf die wir stolz sein können.“

An der Feierstunde nahm auch Staatssekretärin Eszter Vitályos teil, die in ihren Grußworten betonte, dass sie den Deutschen von Bogdan stets großen Respekt zolle: „Ich bewundere die Art und Weise, wie Sie an ihren Traditionen und kulturellen Werten festhalten. Es tut mir gut, wenn ich erkenne, dass die auf dem Lehrpfad in Sanktiwan dargestellten Werte – nämlich Fleiß, Wohlwollen, Mäßigung, Geduld, Keuschheit, Mildtätigkeit, Demut – unsere gemeinsamen sind. Wenn wir diese in dieser unruhigen Welt an künftige Generationen weitergeben, haben wir eine unserer wichtigsten Aufgaben hier auf Erden erfüllt.“  

Arnó Balogh, Abgeordneter der örtlichen Selbstverwaltung, zog in seiner Rede eine Bilanz der jüngsten Entwicklungen, Programme und Möglichkeiten, die durch die Initiative und die Arbeit der deutschen Selbstverwaltung umgesetzt wurden: „Wir sehen sicherlich nur die Spitze des Eisbergs, wir halten es fast für selbstverständlich, aber hinter all dem steht die selbstlose Arbeit einer Handvoll begeisterter Menschen. Die Verwaltung unserer Gemeinde hat mit der deutschen Selbstverwaltung einen seriösen Partner gefunden, so dass Bogdan auch im Nationalitätenbereich erfolgreich sein kann. Dieser Lehrpfad ist ein würdiges und eingraviertes Denkmal für die lokale und ungarndeutsche Identität. Ich bin froh, dass es Menschen gab, die diese Initiative ergriffen haben, auch um den Preis kleinerer und größerer Schwierigkeiten, und dass wir heute endlich hier stehen und der Öffentlichkeit mit Stolz dieses neue Schmuckstück der Gemeinde präsentieren können.“

Dauerhafte Stärkung ungarndeutscher Identität – dies ist die erstrangige Zielsetzung jener ungarnweit einzigartiger Initiative, die die Landeselbstverwaltung der Ungarndeutschen im November 2014 als Teil ihrer Bildungsstrategie zu verwirklichen begonnen hat – begann ihre Rede die Vorsitzende der LdU. Laut Ibolya Hock-Englender sei damals das Vorhaben gewesen, anhand eines konkreten Projektes dem Gemeinschaftsleben vor Ort Schwung zu geben, wobei etwas Wertvolles und Handgreifliches entsteht. „Von vielen Ideen ist die Wahl darauf gefallen, dass in mehreren Ortschaften interaktive Lehrpfade errichtet werden sollen: Ausgebaute Themenwanderwege, die Stationen entlang durch die Ortschaft führen und Informationen über Vergangenheit und Gegenwart, über örtliche Gebäude, Bräuche, Dorfgeschichte, wichtige Persönlichkeiten der Ungarndeutschen in der Gemeinde vermitteln. Diesen Inhalten sollen Hintergrund und Quellenmaterialien zugrunde liegen, die im Ort selbst gesammelt, systematisiert und bearbeitet werden. Die mit interaktiven Mitteln versehenen Erläuterungsschilder, die schriftlichen Führer sollen am Weg Jung und Alt neugierig machen und zur Wissenserweiterung der Besucher beitragen. Eins war uns klar: Der entstehende Lehrpfad soll eine Bindung zu den Ungarndeutschen des gegebenen Ortes darstellen. Die neue Anlage soll zum Stolz der Ortschaft werden, wobei das Zustandebringen auf gemeinnützigem Engagement beruht. Während der Recherchearbeiten sollen die Mitwirkenden viel Neues dazulernen und wertvolle Informationen über ihren Heimatort ans Tageslicht bringen. Und wenn der Pfad dann auch noch zur touristischen Attraktion wird, umso besser!“

LdU-Chefin Hock-Englender betonte, die landesweit zerstreut errichteten, äußerlich ähnlichen, inhaltlich jedoch vielfältigen Lehrpfade seien zum vollen Erfolg geworden, das Lehrpfadprojekt habe sich zu einer Bewegung entwickelt. Es seien stets Gäste da – Pädagogen, Kinder und Jugendliche, aber auch neugierige Touristen. „Die Eigenheiten der jeweiligen Gemeinden zu finden, ist gar nicht so einfach. Im Allgemeinen nehmen wir nicht wahr, wenn wir etwas Besonderes besitzen. Diese feinen Unterschiede zu finden und dann glauben zu lassen, dass diese auch Außenstehende interessieren könnten, war vielleicht die schwierigste Aufgabe bei allen Projekten. Ich freue mich auf das Begehen dieses Themenweges, und bin gespannt, was alles die Bogdaner als Eigenheit erforscht, herausgefiltert und verewigt haben. Ich bin davon überzeugt, dass unser Erbe durch diesen Lehrpfad eine weitere Bereicherung erfahren hat.“

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