Ibolya Hock-Englender: „Wir müssen die parlamentarische Arbeit noch transparenter machen“

Die Vollversammlung der LdU tagte in der neu renovierten Zentrale in Budapest

Die Sitzung des 47-köpfigen Entscheidungsgremiums der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen begann am 21. Mai mit Abschiednehmen: Vorsitzende Ibolya Hock-Englender bedankte sich bei Dr. Attila Buzál für seinen langjährigen engagierten Einsatz für die Belange der LdU. Rechtsanwalt Buzál verabschiedete sich nach 23 Jahren Arbeit für die Landesselbstverwaltung. Anschließend kam es zu einer Vereidigungszeremonie: Nachdem das Mandat einer Abgeordneten kürzlich endete, legte Nachfolgerin Ilona Erzsébet Piller-Fódi zu Beginn der Sitzung in Budapest den Amtseid ab.

Nach diesen feierlichen Momenten präsentierte die Wirtschaftsleiterin der LdU den Rechnungsabschluss für das vergangene Jahr. Ildikó Tóth-Szabó wies darauf hin, dass die Corona-Pandemie auch 2021 schwerwiegende Auswirkungen auf die Landesselbstverwaltung hatte – vor allem auf die von der LdU getragenen Bildungs- und Kultureinrichtungen. Aus dem der Vollversammlung vorgelegten Dokument ging hervor, dass es neben einem ungewöhnlichen Schuljahr und der Schließung der Deutschen Bühne Ungarn für fast ein halbes Jahr auch einige positive Entwicklungen gab: Im Januar wurde nämlich das Ungarndeutsche Pädagogische und Methodische Zentrum gegründet, das auch seither effizient arbeitet, und im Allgemeinen waren Betrieb und Verwaltung der von der LdU unterhaltenen Einrichtungen im vergangenen Jahr ausgeglichen. Dank der Zuschüsse der deutschen und ungarischen Regierung konnten diese Institutionen eine Reihe von Projekten durchführen und sogar bedeutende Investitionen tätigen, zum Beispiel in das Valeria-Koch-Bildungszentrum in Fünfkirchen, das Friedrich-Schiller-Gymnasium in Werischwar und die LdU-Zentrale in Budapest.

Die Vollversammlung hat außerdem die Haushaltsrechnungen des vergangenen Jahres der sich in der Trägerschaft der LdU befindlichen und der gemeinsam mit anderen Organisationen getragenen Bildungseinrichtungen angenommen.

Das Gremium stimmte für den ersten Änderungsantrag zum Haushaltsplan der LdU für 2022, der unter anderem mit dem aktuellen Beschluss über die Normativen für Bildungseinrichtungen und den durch die Preissteigerungen im Bausektor verursachten Schwierigkeiten bei der Durchführung von Investitionen begründet wurde.

In einem umfassenden Bericht fassten die Geschäftsstelle der LdU und ihre 11 Regionalbüros ihre Aktivitäten im vergangenen Jahr und im Jahr davor zusammen. Das Dokument berichtete über unerwartete Aufgaben aufgrund der Pandemie, die Integration neuer Mitarbeiter, eine Kassenprüfung, die Sicherstellung der Einhaltung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung, die Renovierung der LdU-Zentrale, das Stipendienprogramm für angehende Nationalitätenpädagogen, die Einrichtung eines unabhängigen pädagogischen und methodischen Zentrums sowie rechtliche und wirtschaftliche Fragen im Zusammenhang mit der Übernahme der Trägerschaft von Einrichtungen, des Weiteren zahlreiche Investitionen in die Infrastruktur, viele kulturelle Projekte, eine neue LdU-Website, die Schaffung neuer ungarndeutscher Lehrpfade und eine Strategieentwicklung – um nur einige der wichtigsten Aufgaben des Apparats der Landesselbstverwaltung aufzuzählen, wobei die Regionalbüroleiter auch die Arbeit der ihnen angehörenden deutschen Selbstverwaltungen auf Orts-, Komitats- und Regionalebene sowie die der Verbände und Zivilorganisationen unterstützen.

 Weiter erhöht wird die Zahl der von örtlichen deutschen Selbstverwaltungen getragenen öffentlichen Bildungseinrichtungen, da die Vollversammlung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen Surgetin und Lantschuk die Zustimmung erteilt hat, die Trägerschaft der Kindergärten und Kinderkrippen ihrer Gemeinden zu übernehmen. Nach dem Nationalitätengesetz ist dies nur möglich, wenn mindestens drei Viertel der Kinder und Schüler in der jeweiligen Einrichtung an der Nationalitäten-Kindergarten- und Schulbildung teilnehmen. Damit eine Kinderkrippe, ein Kindergarten oder eine Schule von einer ungarndeutschen Selbstverwaltung getragen werden kann, muss die jeweilige Institution in jeder Hinsicht die strengen Kriterien der LdU erfüllen. Das wichtigste Ziel für die nahe Zukunft sei es, die Qualität der Arbeit in diesen Einrichtungen weiter zu verbessern, hieß es in der Beratung der Vollversammlung.

Der Kultur- und Medienausschuss informierte die Vollversammlung über die Verteilung der Förderung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat für die Ausstattung von Kulturgruppen. Aus dem Bericht ging hervor, dass 31 der 34 eingegangenen Anträge als förderfähig eingestuft wurden. 31 Kulturvereine können sich Musikinstrumente und Trachten für insgesamt etwas mehr als 33.000 Euro besorgen.

Die Amtszeit der derzeitigen Intendantin der Deutschen Bühne Ungarn endet am 30. November dieses Jahres. Katalin Lotz, die das Theater in Seksard seit 2017 leitet, hat sich neben einem weiteren Kandidaten erneut um den Posten der Intendantin beworben und wurde von einem achtköpfigen Fachausschuss auch diesmal für geeignet befunden. Im Anschluss an den fachlichen Beschluss gab auch das wichtigste Entscheidungsgremium der LdU, die das Theater unterhält, seine Zustimmung dazu, dass die derzeitige Intendantin die Arbeit der DBU für eine weitere Amtszeit bis 2027 weiterführen kann. „Ich bin fest davon überzeugt, dass weder die Berechtigung des Theaters als Kunstform noch die Berechtigung des deutschsprachigen Schauspiels als Mittel der Bewahrung der Kultur der Ungarndeutschen in Frage gestellt werden kann. Theater ist lebendige Kunst. Es zeigt, wie sich Phänomene und Ereignisse in der Welt auf das Leben des Einzelnen auswirken, und durch Theater werden sie erlebbar. Theater hilft zu leben“, so die alt-neue Direktorin, Katalin Lotz in ihrer Bewerbung.

Wie üblich, berichtete die stellvertretende Vorsitzende, Olivia Schubert durch eine schriftliche Vorlage über die Aktivitäten des LdU-Managements im vergangenen Quartal. Aus dem Dokument geht hervor, dass ein breites Spektrum an Aufgaben zu bewältigen war, von den Immobilien- und Ausschreibungsprojekten der Einrichtungen in eigener Trägerschaft bis hin zu den Parlamentswahlen, den zahlreichen Veranstaltungen, den laufenden beruflichen Kontakten im In- und Ausland und der Koordinierung von Infrastrukturinvestitionen. In gleicher Weise informierte der neu gewählte Parlamentsabgeordnete der deutschen Nationalität die Vollversammlung über seine Arbeit. Aus dem schriftlichen Dokument ging hervor, dass sich Emmerich Ritter im März vor allem auf das Finale des Wahlkampfs konzentrierte, und dass der Fokus seiner Aufgaben im April und Mai vor allem auf der Teilnahme an der Arbeit des neuen Parlaments lag. Er habe Konsultationen mit den verschiedenen Fraktionen aufgenommen, sein Ziel sei es nach wie vor, Fragen, die die Nationalitäten direkt betreffen, aus den täglichen politischen Kämpfen herauszunehmen.

Ibolya Hock-Englender gab einen ausführlichen Bericht über die Parlamentswahlen am 3. April. Die LdU-Vorsitzende wies gemeinsam mit Emmerich Ritter darauf hin, dass es erfreulich sei, dass es der ungarndeutschen Gemeinschaft erneut gelungen sei, die für die Vorzugsquote erforderliche Stimmenzahl zu erreichen, dass dies aber aus verschiedenen Gründen noch lange nicht sicher gewesen sei. Sie betonte, dass bis zu den nächsten Wahlen noch mehr Wert auf kontinuierliche Kommunikation gelegt werden müsse, um die parlamentarische Arbeit noch transparenter und verständlicher zu machen.

Der LdU-Jugendausschuss berichtete über die 7. Ungarndeutsche Jugendkonferenz im April. Mitglied Erik Richolm erklärte, das zentrale Thema des Wochenendes in Maan war, die Jugendstrategie der LdU mit modernen Inhalten, Ideen und konkreten Plänen zu füllen. In vier Arbeitsgruppen erarbeiteten die Jugendlichen Ideen zur Entwicklung einer stilisierten und bequemen ungarndeutschen Tracht und eines Talentförderungsprogramms sowie zur effektiveren Kommunikation über soziale Medien und zur Einbindung junger Menschen in die Nationalitätenarbeit vor Ort.

Kurz nach dem Tod von Otto Heinek, dem ehemaligen Vorsitzenden der LdU, kam die Idee, eine Einrichtung oder einen Gemeinschaftsraum nach ihm zu benennen. Auf Vorschlag des Kabinetts und der Vorsitzenden stimmte die Vollversammlung dafür, den großen Veranstaltungssaal des Hauses der Ungarndeutschen nach Otto Heinek zu benennen. „Herr Heinek hatte eine große Wertschätzung für die ungarndeutsche Kunst, und deshalb halten wir es für angemessen, einen Raum nach ihm zu benennen, in dem Ausstellungen von Künstlern unserer ungarndeutschen Gemeinschaft gezeigt werden“, so Ibolya Hock-Englender. Die Vorsitzende erklärte, dass im Rahmen der für den 30. Mai geplanten Veranstaltung jeweils ein Vortrag von zwei jungen Forschern, Dr. Beáta Márkus und Dr. Helmut Hermann Bechtel stattfinden wird. Beide Forscher wurden 2019 mit dem Otto-Heinek-Preis ausgezeichnet. Hock-Englender fügte hinzu, dass der Abend eine interne Veranstaltung der LdU sein wird.

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