Ibolya Hock-Englender: „Wir müssen uns auf die Themen konzentrieren, die entwickelt werden müssen“

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LdU-Vollversammlung diskutierte Schlüsselbereiche

Haushalt, Strategie, die Ergebnisse einer Meinungsumfrage, Investitionen und Auszeichnungen – diese Themen standen im Fokus der recht langen Sitzung der Vollversammlung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, die am 27. November im von der LdU getragenen Friedrich-Schiller-Gymnasium Werischwar abgehalten wurde.

WIRTSCHAFTLICHE ANGELEGENHEITEN

Zu Beginn der Sitzung wurden der vierte Nachtrag zum diesjährigen Haushaltsplan und der Haushaltsvorschlag für das kommende Jahr erörtert und angenommen. Die LdU verwaltet im Jahr 2022 über ein Gesamtbudget von 7,22 Milliarden, akkumulationsfrei 4,5 Milliarden Forint. Das kontinuierliche Wachstum sei eine willkommene Entwicklung, bringe jedoch zugleich auch beträchtliche Verantwortung und viel Arbeit mit sich – unterstrich LdU-Vorsitzende Ibolya Hock-Englender. Auch ein neues Element des Budgets wurde beschlossen: Ab dem 1. Januar 2022 erhalten die Abgeordneten ein monatliches Honorar. Bislang haben sie das öffentliche Leben der Ungarndeutschen auf ehrenamtlicher Basis geleitet, mit dieser Entscheidung schloss sich das Gremium der Möglichkeit an, die alle dreizehn Landesselbstverwaltungen in Ungarn in Anspruch nehmen.

Erheblich zugenommen haben die beruflichen und administrativen Aufgaben der MitarbeiterInnen der Selbstverwaltungen, daher beschloss das Entscheidungsgremium ab Anfang nächsten Jahres für eine zusätzliche Arbeitskraft in der LdU-Geschäftsstelle und für eine Halbtagskraft im Ungarndeutschen Kultur- und Informationszentrum und Bibliothek.

STRATEGIE

Die 2020 ausgelaufene Strategie der LdU bleibt im Prinzip unverändert, wurde aber in einigen Punkten präzisiert. Der 2015 entwickelte Leitfaden war das erste schriftliche Grundlagendokument der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, das mit dem Titel „Sprache-Identität-Zusammengehörigkeit“ die Grundprinzipien zusammenfasste und die Bereiche ungarndeutsche Nationalitätenpolitik, Bildung, Kultur, Jugend und Kommunikation abdeckte. Die Ergebnisse, Errungenschaften und bisher unerreichten Ziele der Strategie wurden nun von Sachverständigen in vier Arbeitsgruppen ausgewertet. Die Ergebnisse werden in Kürze in umfassenden Berichten bekanntgegeben. Eine Reihe neuer Ziele mit zugehörigen Indikatoren und Projektideen zur deren Verwirklichung werden voraussichtlich bis Februar nächsten Jahres vorliegen.

MEINUNGSUMFRAGE

Im Auftrag der LdU wurde diesen Herbst eine repräsentative öffentliche Meinungsumfrage unter Ungarndeutschen durchgeführt, in deren Fokus die ungarndeutsche Identität und Einstellung zur Nationalitätenpolitik standen. Insgesamt wurden die Meinungen von mehr als 1.200 Erwachsenen in persönlichen Gesprächen und mit einem Online-Fragebogen eingeholt. Die soziodemografischen Verhältnisse der Befragten entsprachen in etwa denen der gesamten Gemeinschaft. Die Antworten auf die Frage nach „Sprachgebrauch und Identität“ zeigten, dass 89 % der Befragten sich als Angehörige der ungarndeutschen Gemeinschaft bezeichneten und 80% der Befragten Mitglieder einer Organisation der deutschen Nationalität waren. Die Umfrage ergab, dass die Bekanntheit und die Anerkennung der örtlichen deutschen Selbstverwaltungen bei den Ungarndeutschen recht hoch ist, obwohl die relativ geringe Bekanntheit von Vertretern und die Verwechslung von Institutionen (Selbstverwaltung, parlamentarische Vertretung) zum Nachdenken anregt. Die politische Aktivität der Befragten im Bereich Nationalitätenpolitik ist dadurch gekennzeichnet, dass 88% an den Wahlen der örtlichen Nationalitätenselbstverwaltungen im Jahr 2019 teilgenommen haben. Es wurde auch deutlich, dass für die Ungarndeutschen die politische Vertretung der deutschen Nationalität im Parlament wichtig ist, wobei jedoch ein Sinken der Werte bemerkbar ist: Während an den Parlamentswahlen 2018 84% der Gefragten teilgenommen haben, so würden dies 2022 nur 76% tun. „Laut der Umfrage wurden sowohl für die LdU als auch für die parlamentarische Vertretung die höchsten Werte für Engagement und Glaubwürdigkeit vergeben, während die Parteineutralität die niedrigsten Werte erhielt. Ich denke, die Ergebnisse sind insgesamt recht positiv“, so Ibolya Hock-Englender, „aber wir müssen unsere Schlussfolgerungen daraus ziehen und uns in erster Linie auf die Bereiche konzentrieren, die entwickelt werden müssen. Auf der letzten Kabinettssitzung haben wir uns bereits mit den ersten Schritten in dieser Hinsicht befasst.  Die Einzelheiten der Umfrage können im angehängten Dokument einsehen.

WICHTIGE TÄTIGKEITEN, INVESTITIONEN

LdU-Vizevorsitzende Olivia Schubert fasste die wichtigsten Aufgaben der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen in den vergangenen zwei Monaten schriftlich zusammen. Aus dem Bericht ging hervor, dass die LdU das diesjährige Stipendienprogramm für Nationalitätenpädagogen in Zusammenarbeit mit dem Ungarndeutschen Pädagogischen und Methodischen Zentrum (UMZ) in Ungarn erfolgreich durchgeführt hat. Bezüglich der Kontakte mit Deutschland fanden mehrere Treffen mit dem Bundesministerium des Innern der Bundesrepublik Deutschland sowie mit der Deutschen Botschaft Budapest statt, um die gemeinsamen Projekte zu erörtern, die in diesem Jahr abgeschlossen werden und die für das kommende Jahr vorgesehen sind. Dem Dokument zufolge arbeiteten die Mitarbeiter der LdU kontinuierlich am Erfolg der bereits erwähnten Meinungsumfrage und der Strategieaktualisierung sowie an den Vorbereitungen für die Parlamentswahlen im nächsten Jahr. Die neue LdU-Website wurde fertiggestellt und ging Ende November online. LdU-Chefin Hock-Englender fügte hinzu, dass die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen auch die diesjährigen Investitionen erfolgreich gemeistert habe. Mithilfe von staatlichen Fördergeldern konnte in diesem Jahr die Erweiterung und Renovierung des Kindergartens in der Szőnyi Straße und die Erneuerung des elektrischen Netzwerks im Grundschultrakt des Valeria Koch Bildungszentrums – beide in Fünfkirchen – sowie die Modernisierung der Geschäftsstelle der LdU in Budapest abgeschlossen werden. Auch derzeit laufen die Vorbereitungs- bzw. Bauarbeiten am Deutschen Haus in Wesprim, am Dach des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Werischwar und am Deutschen Nationalitätengymnasium in Budapest, während das Lenau Haus in Fünfkirchen in absehbarer Zeit erweitert und renoviert werden soll.

BERICHT DES PARLAMENTSABGEORDNETEN

Emmerich Ritter, Abgeordneter der deutschen Nationalität, fasste im Rahmen der Sitzung zusammen, was er als wichtigste Errungenschaften der parlamentarischen Vertretung zwischen 2014 und 2021 ansieht. Er betonte, dass in den letzten sieben Jahren die Betriebskostenzuschüsse der Nationalitätenselbstverwaltungen fast verdoppelt wurden, und die Regierung schuf ein Investitions- und Renovierungsbudget von 3 Milliarden Forint für die von den Nationalitätenselbstverwaltungen getragenen Einrichtungen. Er gab bekannt, dass der Betriebskostenzuschuss für die örtlichen Selbstverwaltungen der Nationalitäten vervierfacht und der aufgabenbezogene Zuschuss um das Zweieinhalbfache erhöht wurde. Im Hinblick auf die Umsetzung der Kultur- und Bildungsautonomie der nationalen Minderheiten betonte Ritter, dass 49 deutsche Selbstverwaltungen nun insgesamt 69 öffentliche Bildungseinrichtungen unterhielten – für diese Einrichtungen stünde zudem ebenfalls ein Ausschreibungsrahmen von 3 Milliarden Forint für Investitionen und Renovierungen zur Verfügung. Auch im Bereich des Lehrkräfteangebots und der Pädagogenausbildung wurden nach Ansicht des Abgeordneten bedeutende Fortschritte erzielt: Der Zuschuss für Nationalitätenpädagogen wurde erhöht, während das Stipendienprogramm für Nationalitätenpädagogen und -studenten sowie die gezielte Unterstützung von Fachhochschulen dazu beitrugen, das Angebot an neuen Lehrkräften sicherzustellen. Die Betriebskostenzuschüsse für nationale Minderheiten wurden um das Viereinhalbfache erhöht, die Unterstützung für Kulturprogramme wurde mehr als verdoppelt, und die Mittel für muttersprachliche Schülerlager wurden verdreizehnfacht. Laut Ritter haben sich seit seiner Mitgliedschaft im Parlament die Gesamtmittel für die Nationalitäten fast versechsfacht.

JUGENDKONFERENZ

Der Vorsitzende des LdU-Jugendausschusses informierte die Vollversammlung ausführlich über die Ergebnisse der 6. Landesweiten Jugendkonferenz, die Ende Oktober stattfand. Emil Koch gab bekannt, dass die dreitägige Tagung zu zwei wichtigen Abschlussdokumenten geführt habe: eine Analyse der Stärken und Schwächen, Chancen und Gefahren der deutschen Volksgruppe aus der Sicht junger Menschen und eine Kommunikationsstrategie für die Volkszählung im nächsten Jahr, die gezielt junge Menschen erreichen soll.

AUSZEICHNUNGEN

Auch über Auszeichnungen wurde entschieden: Auf der für 2022 geplanten Landesgala wird die ungarndeutsche Gemeinschaft die Arbeit von drei Schülern/Schülerinnen und einem Studenten / einer Studentin mit dem Valeria-Koch-Preis, sowie die Arbeit eines jungen Forschers / einer jungen Forscherin mit dem Otto-Heinek-Preis würdigen. Drei Personen erhalten außerdem die Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum für ihr Lebenswerk.

Ergebnisse der Meinungsumfrage

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