Sag’ mir deinen Namen und ich sage dir, wer du bist!Das neue Register ungarndeutscher Vornamen ist erschienen

Dieser Eintrag wurde seit über zwei Jahren nicht aktualisiert, deshalb können die enthaltenen Informationen veraltet sein.

Seine Nationalitätenidentität kann man unter anderem auch damit zum Ausdruck bringen, dass man einen Nationalitätenrufnamen trägt – dies ermöglicht in Ungarn ein Gesetz. Erlaubt ist also beispielsweise, dass man als Ungarndeutscher seinen ungarischen Vornamen auf einen deutschen bzw. auf einen mit deutscher Schreibweise austauscht. „Unser Name ist praktisch ein Plakat von uns: wenn wir jemanden kennenlernen, ist unser Name das erste, was wir über uns verraten. Warum könnte er nicht auch unsere Nationalitätenidentität andeuten?“, weist Universitätsdozentin Maria Erb, Mitglied des Germanistenteams, das das Vornamensverzeichnis erstellte, hin. „Ich wurde auf den Namen ‚Mária‘ getauft, habe mich aber entschlossen, den verzwickten Behördengang zu absolvieren und meinen Rufnamen auf deutsche Schreibweise umzuändern. Während dieser komplizierten Prozedur wurde mir die Frage gestellt, ob ein einziges Akzentzeichen diese Misere wert ist, doch mir war es wichtig.“

Möchte man den einfacheren Weg wählen, so kann man sein Kind gleich bei der Geburt auf einen deutschen Rufnamen taufen. Das vor mehr als einem Jahrzehnt zusammengestellte ungarndeutsche Vornamenverzeichnis enthielt aber – da sich die Namensgebungstrends ständig ändern – nicht immer den gewünschten Namen. Deshalb konnte es vorkommen, dass die Eltern, die ihrem Kind zum Beispiel den Vornamen „Anabel“, „Dorothee“, „Dietmar“ oder „Eckhard“ geben wollten, einen langwierigen Genehmigungsprozess befürchten mussten. Von nun an liegt eine deutlich erweiterte Liste vor: drei angesehene ungarndeutsche Sprachwissenschaftler arbeiteten acht Monate daran, achttausend deutsche und viele tausend ungarische Rufnamen berücksichtigend jene Vornamen auszuwählen, die mit den sprachlichen, kulturellen und religiösen Traditionen der deutschen Nationalität im Einklang stehen, und gleichzeitig auch den heutigen Trends bei der Namensgebung entsprechen.

Das Professorenteam zog laut Maria Erb vieles in Erwägung. Berücksichtigt werden musste beispielsweise, dass die Vornameninventare Deutschlands und Österreichs viel offener für Innovationen sind, das ungarische hingegen besteht viel rigoroser auf die von der Sprache vorgegebene fonetische Schreibweise. Die deutsch-österreichischen Verzeichnisse beinhalten viel mehr Varianten desselben Rufnamens oder mehr sich verselbständigte Kosenamen als das ungarische. Die neulich erschienene Liste enthält übrigens Vornamen aus dem südgermanischen und christlichen Kulturkreis oder aus den klassischen Sprachen (Griechisch, Latein) stammende Rufnamen genauso wie Namen bzw. Schreibweisen fremden – z.B. angelsächsischen, skandinavischen, italienischen oder spanischen – Ursprungs, die auf deutschem Sprachgebiet heutzutage gängig sind.

„Ich ermutige die Eltern, die Möglichkeit der deutschen Namensgebung wahrzunehmen, möchte ihnen jedoch raten, sich ihre Entscheidung gut zu überlegen, weil ihr Kind diesen Namen in einer ungarischen sprachlichen und kulturellen Umgebung tragen muss“, betont Maria Erb. „Es kann zum Beispiel gut vorkommen, dass es in der Schule oder in einer Behörde seinen Namen buchstabieren muss, deshalb würde ich sie davor warnen, sich für einen zu exotischen oder kompliziert geschriebenen Namen zu entscheiden. Wir haben darauf geachtet, in das Verzeichnis keine Möglichkeiten mit aufzunehmen, für die man in Ungarn gespöttelt oder gebrandmarkt werden könnte. Wichtig ist weiterhin, dass der Vorname mit dem Familiennamen eine harmonische Einheit bildet. All dies im Auge behaltend – und daneben selbstverständlich eine entsprechende Erziehung sichernd – kann man die Nationalitätenidentität seines Nachkommens auch mit einem deutschen Rufnamen stärken. Wenn man sich mit seinem Kind über den Hintergrund seines besonderen Vornamens oft und viel unterhält, bin ich der Überzeugung, dass es seinen Namen stolz tragen wird.“

Teilen